Unfallrente

13.09.2007 Die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist als Einkommen beim Arbeitslosengeld II (ALG II) zu berücksichtigen. Denn beide Leistungen dienen vorrangig dem täglichen Lebensunterhalt.

Der aus Thüringen stammende Kläger hatte 1992 einen Arbeitsunfall, der seine Erwerbsfähigkeit um 30 Prozent minderte. Er erhielt deshalb eine Teilverletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung von zuletzt knapp 325 Euro monatlich. Bei der Berechnung des ALG II hatte die zuständige Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung Arbeitssuchender (ARGE) des Landkreises Nordhausen diese Summe voll auf das Einkommen angerechnet. Daraufhin hatte der Mann zusammen mit seiner Ehefrau die ARGE verklagt, in der die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Sozialämter zusammenarbeiten. Die Rente solle bei der Berechnung des Einkommens nicht berücksichtigt werden, forderten die Kläger.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Gleichwohl hat das BSG das Urteil des LSG auf die Revisionen der Kläger aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen, weil noch Feststellungen zu den Einkünften der Klägerin zu treffen sind.
Die Verletztenrente ist im Rahmen der Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen. Insbesondere greift keine der in § 11 Abs. 3 SGB II (s.u.) geregelten Ausnahmen von der Einkommensberücksichtigung ein. Es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dient. Denn die Verletztenrente soll ungeachtet ihrer unterschiedlichen Funktionen als Lohnersatz den Lebensunterhalt des Versicherten sicherstellen.

Bei der Verletztenrente handelt es sich auch nicht um eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach der Schmerzensgeldvorschrift des § 253 Abs. 2 BGB geleistet wird. Bei dieser gesetzlich geregelten Ausnahme handelt es sich um eine nicht analogiefähige Sondervorschrift.

Vielmehr folgt das SGB II ganz bewusst nicht dem Vorbild des Rechts der Arbeitslosenhilfe, sondern dem Beispiel des Sozialhilferechts; dort war seit jeher die Verletztenrente voll anrechenbar. Das Gericht konnte sich schließlich nicht davon überzeugen, dass aus dieser Gesetzeslage eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes folgt.

Weiterführender Hinweis:

§ 11 Abs. 3 Sozialgesetzbuch II hat folgenden Wortlaut:

Nicht als Einkommen sind zu berücksichtigen
1. Einnahmen, soweit sie als
a) zweckbestimmte Einnahmen
b) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege
einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären,
2. Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden.

BSG, Urt. v. 05.09.2007 - B 11b AS 15/06 R

PM des BSG Nr. 25/07 v. 05.09.2007

Letzte Änderung: 21.11.2007