Bürgermeister ausgesperrt

02.10.2002 Eklat bei der Versammlung im Kögel-Werk

Eigentlich hätte es eine Feierstunde zum 40-jährigem Bestehen des Karlsdorfer Fahrzeugwerkes Kögel werden sollen.

Vor dem Hintergrund der drohenden Werksschließung (wir berichteten) aber entschlossen sich Betriebsrat und Belegschaft zu einer Betriebsversammlung, bei der es am Montagnachmittag dann zum Eklat kam: Die Werksleitung verwehrte Bürgermeister Egon Klefenz, der vom Betriebsrat und der IG Metall zu der Veranstaltung eingeladen worden war, den Zugang zum Kögel-Betriebsgelände.

Erst als Eberhard Schneider, der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Bruchsal, den Bürgermeister offiziell zu seinem "Berater" erklärte, wurde Klefenz zu der Betriebsversammlung zugelassen, bei der es teilweise zu tumultartigen Szenen kam.
Ausgelöst wurde der Eklat auch durch die Vorstellung des Gutachtens über die Betriebwirtschaftlichkeit des Karlsdorfer Werkes durch das neutrale Stuttgarter IMU-Institut.

Dessen Analytiker Martin Schwarz-Kocher warf dem Unternehmen vor, dass der Vorstand von Kögel - was die angeblichen Defizite des Karlsdorfer Werkes angeht - offenbar mit falschen zahlen operiere. Demnach betrug das Defizit nicht acht, sondern nur 3,5 Mio Euro.

Das Gutachten untermauerte außerdem den Vorwurf, des Karlsdorfer Betriebsrates, der Vorstand habe zu keinem Zeitpunkt Alternativen in der Produktionsstruktur - wie seit 15 Jahren von Seiten der Belegschaft vorgeschlagen - tatsächlich geprüft oder auch nur annähernd umgesetzt. Unter lautstarken Buhrufen verließen daraufhin Werksleiter Uwe Hamberger und Personalchef Klaus Baier die Betriebsversammlung.

Wie Eberhard Schneider, Betriebsratsvorsitzender Alwin Bruckert und dessen Stellvertreter Rolf Day berichteten, bezeichnet das neutrale Gutachten das Karlsdorfer Fahrzeugwerk als "sanierungsbedürftig, aber auch sanierungsfähig". Allein durch die Umsetzung der zahlreichen Verbesserungsvorschläge könnte die Produktivität in den Karlsdorfer Werkshallen um bis zu 30 % gesteigert werden. Es war von Missmanagement die Rede und man werde nicht hinnehmen, dass ein sanierungsfähiges Werk "platt gemacht wird wie die Kögel-Werke in Bückeburg, Hanau und Altenstadt", erklärten die Gewerkschafter.

Auch Bürgermeister Egon Klefenz, der sich entschlossen auf die Seite der Belegschaft stellte, will für den Erhalt des Werkes kämpfen "auch wenn ich dafür als Demonstrant auf die Straße gehe!" Eberhard Schneider kündigte an, man werde nun das neue Werkskonzept dem Kögel-Vorstand vorlegen und nicht eher an einen Sozialplan herangehen, bevor die Vorschläge detailliert von der Kögel-Geschäftsleitung durchkalkuliert sind. Wie berichtet, plant diese, das Karlsdorfer Werk zum zweiten Quartal zu schließen und die 300 Mitarbeiter auf die Straße zu setzen.

Letzte Änderung: 21.11.2007