TTIP ,,Keinen Mist machen"

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08.10.2015 OB Petzold-Schick zu TTIP ,,Keinen Mist machen" Groß war am Montag das Interesse an einer öffentlichen Veranstaltung des DGB- Bruchsal zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA

Groß war am Montag das Interesse an einer öffentlichen Veranstaltung des DGB- Bruchsal zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA der EU mit den USA beziehungsweise Kanada im großen Seminarraum des Bruchsaler Bürgerzentrums. Der Beginn der Veranstaltung verzögerte sich leicht, weil erst einmal weitere Stühle für den interessierten Kreis hinzugestellt werden mussten.
Für den DGB kritisierten gleich in den kurzen Eingangsstatements dessen Bruchsaler Vorsitzende und Betriebsrätin Margareth Lindenberg (IG Metall) die Intransparenz der Verhandlungen. Sie betonte die Gefahr, dass mit TTIP auch bewährte Arbeitsrechts- und Sozialstandards auf Druck von Konzernen ausgeheilte werden könnten. In gleicher Form äußerte sich ihr Stellvertreter Huber Burkhardt von der Eisenbahnergewerkschaft (EVG).
Diese und ähnliche Befürchtungen zogen sich dann auch durch sämtliche Statements der interessanten Talkrunde, an der sich auch die Bruchsaler Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick mit einem Grußwort und in der Diskussion beteiligte. Moderiert wurde die Veranstaltung von BNN- Redakteur Matthias Kuld.
Sarah Händel von Demokratie e.V., auch Mitglied des TTIP-Beirats der Landesregierung, äußerte die Befürchtung, dass mit TTIP "demokratische Handlungsspielräume von hinten abgeräumt werden". Aus diesem Grund seien bisher über 3 Millionen Unterschriften europaweit gegen TTIP gesammelt worden. Die sei "die größte Bürgerinitiative von über 500 Gruppierungen in der Geschichte der EU".
Jendrik Scholz, zuständiger baden-württembergischer DGB-Sekretär für Arbeits- und Sozialpolitik kritisierte, dass Beschäftigte und deren Interessen schlicht zu
"Handelshemmnissen" werden könnten. Er bezweifelte, dass unter einem TTIP- Regime Beschäftigtenrechte noch wirksam gewährleistet werden könnten. Schon heute hielten sich die USA nicht einmal an die Vorschriften der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und deren Vorgaben. Dies sei vor allem nicht in den Südstaaten der Fall, wo deutsche Firmen gerne gewerkschaftsfreie Produktionsstätten unterhielten. Mit Hilfe von TTIP ginge die "neoliberale Schere" zwischen Arm und Reich auch international weiter auseinander. Entgegen der Versprechungen seien von diesem Abkommen keine nennenswerten positiven beschäftigungspolitischen Effekte zu erwarten, wie zwischenzeitlich auch die Befürworter einräumen müssten.
Verbraucherpolitisch verwies die Vorsitzende der baden-württembergischen Verbraucherzentrale, Cornelia Tausch, auf ähnliche Befürchtungen. Unser einem TTIP-Regime sei eine Fortentwicklung der Verbraucherrechte gefährdet, zumal die unterschiedlichen EU- und US- Regulierungen nicht in Übereinklang zu bringen seien. Tausch: "Das macht uns, sämtliche Verbraucherzentralen und die sie tragenden Verbände, schlicht nervös". Hier ginge es nicht "nur" um die berühmten Chlorhühnchen.
Auch der Bürgermeister der Gemeinde Malsch, Elmar Himmel, brachte dessen
"Nervosität" zum Ausdruck. Die Kommunen befürchteten in einer "Salamitaktik" massive Einschnitte für deren kommunale Handlungsfähigkeit in den Bereichen Energie und Gesundheitswesen, aber auch beim Breitbandausbau bis hin zur öffentlichen Daseinsvorsorge Wasser. Auch Regional- und Bauleitplanungen könnten möglicherweise durch TTIP gefährdet und außer Kraft gesetzt werden.
Diese Kritik teilte auch Cornelia Petzold-Schick: "Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, desto mehr Zweifel überfallen mich." Richtig aufgeschreckt habe sie das Befassungsverbot des Bundes für die Kommunen. "Man will uns, auch in Brüssel, schon verbieten, uns mit den möglichen Folgen von TTIP zu befassen," monierte die Bruchsaler Oberbürgermeisterin.
Die negativen Folgen und die Intransparenz der Verhandlungen wurden dann auch nochmals von Sarah Händel aufgegriffen. Selbst Bundestagsabgeordnete hätten keinen Einblick in die Verhandlungen. Die us-amerikanischen Dokumente seien strikt geheim. Abgeordnete, welche in die EU- Dokumente Einblick wollten, müssten sich in die US-Botschaft begeben und dürften dann nicht darüber reden. "Das brachte selbst den Bundestagspräsidenten auf die Palme". Selbst die Namen derer, welche die Verhandlungen führten, seien geheim.
So seien auch die Verhandlungen mit Kanada zum entsprechenden CETA- Abkommen gelaufen, dessen endgültiges Zustandekommen wegen vorgesehener Schiedsgerichte gleichfalls verhindert werden müsse. Mn prüfe derzeit, ob das ausgehandelte Ergebnis nicht sogar grundgesetzwidrig sei.
Auf die Frage aus dem Publikum, wie es jetzt mit TTIP und CETA weiter ginge, verwiesen die Diskutanten auf die große Demonstration in Berlin am 10. 10., auf juristische Prüfungen, auch in anderen EU-Ländern, und letztlich auf den notwendigen massiven Druck gegenüber den befürwortenden Parteien CDU/ CSU und SPD. "Je weiter es nach oben geht, desto größer die Zustimmung", kritisierte ein Besucher der Diskussion. Petzold-Schick brachte die Herausforderung daher noch einmal auf den Punkt: "Wir dürfen da keinen Mist machen". Darum ginge es. "Und darum, TTIP zu verhindern und transparent von vorne zu beginnen", fasste Sarah Händel abschliessend zusammen

Letzte Änderung: 08.10.2015