Tipps für Rentner

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18.07.2016 Bei der höchsten Rentenerhöhung seit 23 Jahren kommt auch beim Finanzamt Freude auf

Hurra! Rentner in Deutschland haben dieses Jahr die höchste Rentenerhöhung seit 23 Jahren bekommen. Doch Vorsicht: Durch die Erhöhung werden nach Angaben der Bundesfinanzministeriums viele Ruheständler verpflichtet sein, erstmals eine Steuererklärung abzugeben. Der DGB Rechtsschutz kennt die Details und erklärt, was man jetzt beachten muss.
Wie das Bundesfinanzministerium wissen lässt, werden durch die Rentenerhöhung im Juli 2016 rund 160 000 Ruheständler verpflichtet sein erstmals eine Steuererklärung abzugeben. Ob die Abgabe einer Steuererklärung zur Pflicht wird, hängt vom Grundfreibetrag und dem Jahr des Renteneintritts ab. Wenn die Rente im Jahr 2016 den Grundfreibetrag, der für Ledige bei 8652 Euro und für Verheiratete bei 17 304 Euro im Jahr liegt, übersteigt, dann wird im Jahr 2017 eine Steuererklärung für das Jahr 2016 fällig. Da ein gewisser Anteil der Rente steuerfrei bleibt, kann die Rente jedoch deutlich über den jeweils maßgebenden Grundfreibetrag liegen. Auch durch die Geltendmachung von Werbungskosten und/oder durch Freibeträge für Schwerbehinderte kann die Steuerlast gesenkt oder deren Entstehung verhindert werden.

Alterseinkünftegesetz regelt Besteuerung der Renten
Seit 1. Januar 2005 ist das Alterseinkünftegesetz in Kraft. Demnach gilt bei Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung die nachgelagerte Besteuerung, auch Rentensteuer genannt.

Wie viel Rente tatsächlich zu versteuern ist, hängt ausschließlich vom Jahr des Renteneintritts ab *Wer 2005 und früher in Rente gegangen ist, muss 50 Prozent seiner Rente versteuern;
*ab 2006 sind 52 Prozent der Rente steuerpflichtig;
*ab 2007 sind es 54 Prozent;
*ab 2010 sind es 60 Prozent;
*ab 2011 sind es 62 Prozent;
*ab 2012 sind es 64 Prozent
*ab 2013 sind es 66 Prozent;
*ab 2014 sind es 68 Prozent;
*ab 2015 sind es 70 Prozent;
*ab 2016 sind es 72 Prozent;
*ab 2040 wird jeder Rentner seine Rente zu 100 Prozent versteuern müssen.

Aktuell müssen Rentner also nur einen Teil der Rente versteuern. Der Teil der Rente, der nicht versteuert werden muss, wird Rentenfreibetrag genannt. Das sind 2016 28 Prozent der Rente. Der Rentenfreibetrag richtet sich übrigens nur nach dem Renteneintrittsjahr und bleibt somit auch in den Folgejahren unverändert.

Welche Steuersätze gelten für Rentner?
Die Einkommensteuer wird nach dem progressiven Steuersatz berechnet. Für Rentner wie für Arbeitnehmer heißt das: Je höher das Einkommen, desto höher ist der Steuersatz.
*Bis zu 8652 Euro Jahreseinkommen zahlt ein alleinstehender Rentner keine Einkommensteuer. Ehepaare in Rente zahlen keine Einkommensteuer bei einem Jahreseinkommen von bis zu 17 304 Euro.
*Bei einem Jahreseinkommen von 8653 Euro bis 13 469 Euro muss ein alleinstehender Rentner mit einer Einkommenssteuer zwischen einem Prozent und 7,2 Prozent rechnen. Für Ehepaare in Rente gilt der gleiche Steuersatz bei doppelt so hohem Jahreseinkommen.
*Liegt das Jahreseinkommen zwischen 13 470 Euro und 52 881 Euro wird ein alleinstehender Rentner zwischen 7,2 und 26,5 Prozent Einkommensteuer zahlen müssen. Für Ehepaare in Rente gilt der gleiche Steuersatz bei doppelt so hohem Jahreseinkommen.
*Bei einem Jahreseinkommen von 52 882 Euro bis 250 730 Euro zahlt der alleinstehender Rentner zwischen 26,5 bis 38,7 Prozent Einkommensteuer. Für Ehepaare in Rente gilt der gleiche Steuersatz bei doppelt so hohem Jahreseinkommen.

Betrifft die Rentenbesteuerung nur die gesetzliche Rente?
Die Rentenbesteuerung gilt nicht nur für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und die Hinterbliebenenrente. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung sind auch die sogenannte "Riester-Rente" und/oder die betriebliche Altersvorsorge (Betriebsrente) im Rentenalter voll steuerpflichtig und wird mit dem persönlichen Steuersatz versteuert.

Und der Fiskus freut sich
Von den rund 20 Millionen Ruheständlern werden 2017 voraussichtlich 4,2 Mio. Steuerpflichtige mit Rentenbezug vom Fiskus belangt werden. Die für ab Juli 2016 von den Rentnern freudig erwartete Rentenerhöhung führt nach Einschätzung der Bundesregierung zu Mehreinnahmen für den Fiskus von knapp 1,5 Mrd. Euro in 2 Jahren. Das geht aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor. Im Jahr 2017 ergäben sich infolge der möglichen Anhebung Mehreinnahmen von schätzungsweise 720 Mio. und 2018 von rund 730 Mio. Euro.

Anmerkung
Die Verpflichtung, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, heißt nicht unbedingt, dass tatsächlich auch eine Steuerschuld besteht.

Befreiung von der Abgabepflicht beim Finanzamt beantragen
Liegt der Gesamtbetrag der Einkünfte nur knapp über 8652 Euro für Ledige und für Verheiratete bei 17 304 Euro und besteht er im Wesentlichen nur aus Rentenbezügen, wird das Finanzamt auf Antrag von der Abgabe einer Steuererklärung absehen.

Steuerfreie Renten aussondern
Rentner und Pensionäre, die eine Einkommensteuererklärung abgeben müssen, sollten beachten, dass sie nicht alle Renten in der Anlage R der Einkommensteuererklärung aufführen müssen. Denn folgende Renten sind steuerfrei:
*Renten und Kapitalabfindungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
*Sterbegelder
*Renten aus ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungen
*Unfallversicherungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung
*Renten an Wehr- und Zivildienstgeschädigte
*Kriegsbeschädigtenrenten
*Schmerzensgeldrenten (die nicht als Ausgleich für entgangene/entgehende Einnahmen bezahlt werden)
*Renten zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts
*"Echte" Schadenersatzrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse

Die vorstehend näher bezeichneten Renten sollten nicht in der Anlage R erfasst werden. Es wird aber empfohlen auf einem Extrablatt zur Anlage R, etwaige Einkünfte vorstehender Art aufzuführen. Hierdurch ist das Finanzamt informiert und kann, sofern Zweifel bestehen sollten, sich Rentenbezugsmitteilungen zur Überprüfung besorgen.

Achtung: Rentner sind ein offenes Buch für den Fiskus - Bei Überschreiten des Grundfreibetrags Einkommensteuererklärung einreichen, sonst kann es teuer werden!
Seit 2009 sind die Rentner ein offenes Buch für den Fiskus. Denn der Staat trägt seither elektronisch zusammen, was die rund 20 Millionen Ruheständler an Altersbezügen und Kapitalauszahlungen bekommen. Die Finanzämter können also feststellen, ob die Einkünfte so hoch sind, dass eine Steuerpflicht besteht. Stellt die Finanzverwaltung fest, dass der Verpflichtung Steuern zu zahlen nicht nachgekommen wurde, kann dies zu erheblichen Nachforderungen führen. Denn Steuerzahlungen verjähren in fünf Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist.

Da im Falle der Steuernachzahlung noch Säumniszuschlage in erheblichen Umfang anfallen, empfiehlt es sich, bei Überschreiten des Grundfreibetrags eine Einkommensteuererklärung einzureichen. Geschieht dies nicht, so kann es ein teurer "Spaß" werden wenn der Fiskus für mehrere Jahre zur Kasse bittet.

Autor: Hans-Martin Wischnath, Rechtsschutzsekretär, Frankfurt am Main

Letzte Änderung: 18.07.2016