Personalakteneinsicht

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12.08.2016 Kein Anspruch auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei Einsicht in die Personalakte.

Arbeitnehmer, die Einsicht in ihre Personalakte nehmen sollen, haben keinen Anspruch darauf, dazu ihren Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht in einem Fall der DGB-Rechtsschutz GmbH entschieden.
In der vom Bundesarbeitsgericht am 12. Juli 2016 entschiedenen Sache begehrte ein Arbeitnehmer, dem eine Ermahnung erteilt worden war, Einsicht in die Personalakte, die er gemeinsam mit seiner Anwältin einsehen wollte.

Grundsätzlich kein Anspruch auf Hinzuziehung eines Anwalts bei Einsicht in Personalakte
Wie schon beim Arbeits-und Landesarbeitsgericht scheitert der Kläger auch beim Bundesarbeitsgericht.

Die Richter des Neunten Senats kamen zu dem, auch von den Vorinstanzen vertretenen, Ergebnis, dass Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch haben, bei der Einsichtnahme in ihre Personalakten einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.

Denn, so die Bundesrichter: "Paragraf 83 Abs. 1 Satz 1und 2 Betriebsverfassungsgesetz sieht lediglich die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds vor".

Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds bei Personalakteneinsicht möglich
Diese Regelung begründe damit keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch auf Hinzuziehung eines Anwalts auch nicht aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers oder aus dem Grundrecht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung.

Das gelte jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, für sich Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen.

Da dem Kläger diese Möglichkeit eingeräumt wurde, bestand für ihn ausreichend Gelegenheit, anhand der gefertigten Kopien, den Inhalt der Personalakten mit seiner Rechtsanwältin zu erörtern.

Anmerkung: Höchstpersönliches Einsichtsrecht
Nicht selten wird die Ansicht vertreten, dass Arbeitnehmer Anspruch auf Einsicht in die Personalakte unter Beiziehung eines Bevollmächtigten haben. Diese Auffassung ist jedoch nicht zutreffend. Denn der Anspruch auf Einsichtnahme ist ein höchstpersönlicher, der grundsätzlich nur von dem Beschäftigten selbst wahrgenommen werden kann. Besteht ein Betriebsrat, so ist dem Arbeitnehmer die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds möglich.

Das Recht auf Einsicht in die Personalakte gilt auch dann, wenn kein Betriebsrat im Betrieb vorhanden ist bzw. der Betrieb noch nicht einmal betriebsratsfähig ist.

In Ausnahmefällen (beispielsweise Verhinderung des Arbeitnehmers aufgrund schwerer Erkrankung) wird es zulässig sein, einen Dritten zur Einsichtnahme zu bevollmächtigten, wenn dies zur Aufklärung eines bestimmten Sachverhalts notwendig ist.

Tarifvertragliches Einsichtsrecht durch Bevollmächtigte
Ein Einsichtsrecht durch einen Bevollmächtigten kann sich aus tarifvertraglichen Vereinbarungen ergeben. So ist zum Beispiel in Paragraf 3 Absatz 5 des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst (TVöD) folgendes geregelt: "Die Beschäftigten haben ein Recht auf Einsicht in ihre vollständigen Personalakten. Sie können das Recht auf Einsicht auch durch eine/n hierzu schriftlich Bevollmächtigte/n ausüben lassen. Sie können Auszüge oder Kopien aus ihren Personalakten erhalten."

Die Vollmacht muss sich aber auf den Einzelfall beziehen und den Bevollmächtigten namentlich bezeichnen. Eine generelle Vollmacht z. B. für den Personalrat/den Betriebsrat genügt nicht.

Schwerbehinderte können Schwerbehindertenvertretung hinzuziehen
Schwerbehinderte Menschen haben bei der Einsicht der über sie geführten Personalakte das Recht die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen (Paragraf 95 Abs.3 SGB IX).

Anspruch auf Anfertigung von Kopien der Personalakte?
Die Frage, ob Arbeitnehmer ein Recht haben, Kopien aus ihrer Personalakte anzufertigen wird unterschiedlich beurteilt. Aus dem Recht zur Einsicht in die Personalakte ergibt sich grundsätzlich die Berechtigung, Abschriften von Schreiben zu fertigen, die Personalaktenqualität haben. Zur Personalakte gehören alle Vorgänge, die eine unmittelbare Beziehung zum Arbeitsverhältnis haben.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat bereits 1981 entschieden, dass dem Arbeitnehmer auch zu gestatten ist, Kopien anzufertigen, da Kopien aufgrund des technischen Fortschrittes lediglich eine manuelle Abschrift ersetzt (Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 31. März 1981, Az.: 2 Sa 79/80).

Ein Recht, die gesamte Personalakte zu kopieren oder Kopien von Urkunden zu fertigen, die Dritte betreffen, besteht jedoch nicht. Die Kopien muss ein Arbeitnehmer sich allerdings auf seine Kosten machen. Wenn sich ein Arbeitnehmer Kopien machen darf, bedeutet dies nicht, dass er auch ein Recht auf Herausgabe der Personalakte hat. Der Arbeitgeber muss ihm also die Akte nicht mit nach Hause geben.

BAG vom 12.07.2016 - 9 AZR 791/14

Autor: Hans-Martin Wischnath, DGB-Rechtsschutzsekretär

Letzte Änderung: 02.08.2016