BAG-Urteil zu Personalgespräch

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23.11.2016 Krank ist krank - oder doch nicht?

Wer krank ist, ist krank. Eine Pflicht, in dieser Zeit an einem Personalgespräch teilzunehmen, besteht nicht. Denn die Arbeitsunfähigkeit befreit von der Arbeitspflicht - einschließlich der Pflicht, im Betrieb anwesend zu sein. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Besuch aus zwingenden betrieblichen Gründen anordnet und dies dem Arbeitnehmer gesundheitlich zumutbar ist.
Der Kläger war zuletzt als Krankenpfleger beschäftigt. Von Ende November 2013 bis Mitte Februar 2014 war arbeitsunfähig erkrankt. Am 18.12.2013 lud der Arbeitgeber den Kläger zu einem Personalgespräch am 6.01.2014 ein. Als Grund wurde von ihm genannt: "Zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit". Der Kläger sagte die Teilnahme unter Verweis auf seine Arbeitsunfähigkeit ab.
Abmahnung wegen Nichtteilnahme
Eine erneute Einladung durch den Arbeitgeber zum Personalgespräch erfolgte für den 11.02.2014. Der Arbeitgeber wollte, ein ärztliches Attest, falls der Kläger gesundheitliche Hinderungsgründe für die Nichtteilnahme angibt. Der Kläger nahm den Termin nicht wahr und verwies wiederum auf seine Arbeitsunfähigkeit. Ein Attest legte er nicht vor. Der Arbeitgeber erteilte mit Schreiben vom 18.01.2014 eine Abmahnung.
Personalgespräch und Weisungsrecht
Nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber nach billigem Ermessen den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung festlegen. Dies, soweit im Arbeitsvertrag, durch eine Betriebsvereinbarung, einen Tarifvertrag oder eine gesetzliche Vorschrift nichts anderes festgelegt ist.
Geht es im Personalgespräch also um Inhalt, Ort oder Zeit der Arbeitsleistung, besteht eine Teilnahmepflicht. Die Teilnahme am Gespräch unterliegt insoweit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer aber den Inhalt des Gespräches mitteilen. Ansonsten wäre der Arbeitnehmer nicht in der Lage zu entscheiden, ob er der Einladung Folge leisten muss oder nicht.
Kranke müssen nicht zum Personalgespräch
Der erkrankte Arbeitnehmer muss nicht erscheinen. Insbesondere muss er nicht in den Betrieb kommen. Dies bedeutet aber nicht, dass dem Arbeitgeber jeder Kontakt verboten ist. Will der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer über Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach Ende der Krankheit sprechen, so ist ihm dies zuzugestehen.
Möglicherweise muss der Arbeitsplatz umgestaltet werden (Beispielsweise durch einen höhenverstellbaren Schreibtisch). Eventuell muss eine Versetzung geprüft werden. Es kann dann aber auch ein Telefonat genügen. Auf die Art der Erkrankung des Arbeitnehmers ist in jedem Fall Rücksicht zu nehmen.
Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber nicht dargelegt, weshalb das Erscheinen des Klägers im Betrieb unbedingt erforderlich war. Die Abmahnung war daher zu Unrecht erfolgt.

BAG, 02.11.2016 - 10 AZR 596/15
Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH

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Letzte Änderung: 23.11.2016