Tarifabschlüsse
In der deutschen Wirtschaft steigen die Tariflöhne und -gehälter einer Studie zufolge so stark wie lange nicht mehr. Millionen Arbeitnehmer in Deutschland könnten nun erstmals seit Jahren mit realen
Einkommenszuwächsen rechnen, teilte das WSI-Tarifarchiv der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in Düsseldorf mit.
Die in den ersten sechs Monaten abgeschlossenen Tarifverträge brächten den Beschäftigten 2007 Einkommenserhöhungen von durchschnittlich 3,7 Prozent. Die Einigung der Deutschen Bahn mit den Gewerkschaften Transnet und
GDBA, wonach die Beschäftigten 4,5 Prozent mehr Geld und eine Einmalzahlung von 600 Euro bekommen sollen, folge diesem Trend.
Rechnet man die Laufzeiten der Tarifabschlüsse auf das Jahr um und berücksichtigt auch Abschlüsse, die bereits in den Vorjahren vereinbart wurden, dann ergebe sich bis Ende Juni eine Tarifsteigerung für 2007 von 2,3
Prozent. Das sei zwar deutlich mehr als 2006 mit der Steigerungsrate 1,5 Prozent. Gemessen an der jährlichen Inflationsrate von 1,9 Prozent im April und Mai sei das nur eine moderate Reallohnsteigerung, sagte der Leiter des
WSI-Tarifarchivs, Reinhard Bispinck.
In den vergangenen Jahren sind die Tarifabschlüsse nach seinen Worten überwiegend sehr bescheiden ausgefallen. Im ersten Halbjahr 2007 schlossen die DGB-Gewerkschaften nach Angaben des WSI-Tarifarchivs für 6,2 Millionen
Beschäftigte neue Lohn- und Gehaltstarifverträge ab. Das sei jeder Dritte von Tarifverträgen erfasste Arbeitnehmer.
"Wenn wir auf die Zahlen für die gesamte Wirtschaft schauen, dann können wir von einer positiven Wende in der Tariflohnentwicklung sprechen", erklärte Bispinck. Die "Tarifwende" sei oft hart erstritten worden, wie unter
anderem die umfangreichen Warnstreiks in der Metallindustrie belegten.
Bispinck verwies auch auf die zähen Verhandlungen im deutschen Einzelhandel. Der Tarifkonflikt bei der Deutschen Telekom AG um Mehrarbeit, Gehaltskürzung und Auslagerung habe gezeigt, dass auch in Zeiten des Aufschwungs
bestehende Tarifstandards in manchen Bereichen oder Unternehmen unter starken Druck geraten könnten. dpa
Frankfurter Rundschau 11.07.2007
Letzte Änderung: 21.11.2007