Zeitarbeit auf dem Vormarsch

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15.02.2008 Untersuchung in 35 Betrieben im Landkreis

Bundesweit ist die Zeitarbeitsbranche der Job-Motor des derzeitigen Aufschwungs. So jedenfalls interpretiert die Bundesregierung die Entwicklung dieser Branche. Richtig ist, dass die Zeitarbeitsbranche auf die Grenze von einer Million Beschäftigten zusteuert. Dies geht allerdings zu Lasten von regulären Jobs, so jedenfalls die Einschätzung der IG Metall Bruchsal. In der Region Mittlerer Oberrhein und Enzkreis haben die dort zuständigen IG Metall Verwaltungsstellen Bruchsal, Gaggenau, Karlsruhe und Pforzheim ein Projekt zur Zeitarbeit gestartet und das Institut für Medienforschung und Urbanistik (kurz IMU) mit einer entsprechenden Untersuchung beauftragt. Die ersten Ergebnisse liegen jetzt vor und zeigen, dass der bundesweite Trend auch in der Region voll zutrifft. Wir haben von 134 Betriebsratsgremien in der Region ihre Einschätzung zur Zeitarbeit erhalten. In 75 Prozent der Betriebe wird Zeitarbeit genutzt und zwar mit steigender Tendenz, so der Bruchsaler IG Metall Bevollmächtigte Eberhard Schneider. Den Gewerkschaftern geht es nicht darum, eine Branche zu verunglimpfen oder Zeitarbeit generell abzulehnen. Dennoch macht das Motto des Projektes deutlich, welche Prioritäten gesetzt werden: Verhindern, begrenzen, gestalten.

Beim Einsatz von Zeitarbeit wird von den Unternehmen als wichtigster Grund mehr Flexibilität angegeben. Unserer Umfrage zeigt, das ist nur ein sehr kleiner Teil der Wahrheit. Denn, so Schneider, geben die Betriebsräte in der Umfrage an, würde in über 60% der Betriebe Zeitarbeit dauerhaft genutzt, mehr als die Hälfte der Zeitarbeiter sei länger als ein halbes Jahr im Einsatz, ein Drittel so gar länger als ein Jahr. Nach den Einschätzungen der befragten Betriebsräte wird Zeitarbeit in etlichen Betrieben (33%) zur Kostenreduzierung und zum ersetzen von Stammbelegschaften (53%) genutzt. Dies ruft die Metallgewerkschafter auf den Plan, da in diesen Fällen die ausgehandelten Tarifverträge unterlaufen werden. Die unterschiedlichen Qualifikationsniveaus der eingesetzten Zeitarbeitskräfte würden dies auch erklären. Denn mehr als die Hälfte der Zeitarbeitskräfte sind Anlern- oder Hilfskräfte.

Mit einem weiteren Argument hat sich die Befragung auseinandergesetzt, nämlich dem so genannten Klebeeffekt. Gemeint ist, ob denn der Einsatz als Leiharbeiter tatsächlich der Einstieg zu einem Dauerarbeitsverhältnis wird. Während im Jahr 2006 etwa 11% der Leiharbeiter in den Unternehmen übernommen wurden, so stieg dieser Anteil in 2007 auf über 20%. Dies ist natürlich eine positive Entwicklung, so Schneider. Die ist aber nicht vom Himmel gefallen, sondern da haben unsere Betriebsräte sich ins Zeug gelegt. Die Quote von über 20% ist den Gewerkschaftern noch immer zu gering. Bis in die 80er Jahre sei der Zugang in den Betrieb ein festes Arbeitsverhältnis mit Probezeit die Regel gewesen. In den 90er Jahren ging der Festeinstellung häufig ein befristetes Arbeitsverhältnis voraus und dem geht seit dem neuen Jahrtausend sehr häufig ein Leiharbeitsverhältnis voraus. Bis die Menschen endlich in einem traditionell normalen Arbeitsverhältnis ankommen vergehen manchmal mehr als 3-4 Jahre mit schlechterem Verdienst und hoher Unsicherheit, so Schneider.

Im weiteren Verlauf des Projektes wird nun der regionale Leiharbeitsmarkt untersucht. Die entsprechenden Vorarbeiten wurden von Bettina Seibold und Dirk Becker vom IMU bereits begonnen. Die Zielrichtung der folgenden Untersuchung ist für die Wissenschaftler eindeutig: Aufzuzeigen welche Leiharbeitsfirmen in der Region aktiv sind, zu welchen Bedingungen die Leiharbeitsfirmen die Menschen beschäftigt und welche Rolle die Agentur für Arbeit bei der Vermittlung in Leiharbeitsfirmen spielt.

Letzte Änderung: 15.02.2008