Frankfurter Appell der IG Metall

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19.03.2009 Wirtschaft und Politik müssen Verantwortung für Krise übernehmen

"Frankfurter Appell" der IG Metall: Wirtschaft und Politik müssen Verantwortung für Krise übernehmen

Die IG Metall hat Politik und Wirtschaft aufgefordert, Verantwortung für die Ursachen der gegenwärtigen Wirtschaftskrise zu übernehmen. Dazu hat die Gewerkschaft den Frankfurter Appell an Unternehmens- und Bankenvorstände, Arbeitgeberverbände, Wissenschaft und Medien gerichtet. Die Krise ist weder vom Himmel gefallen, noch ist sie ein schicksalhaftes Naturereignis, sie ist das Ergebnis menschlichen Willens und Handelns,sagte der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel, am Dienstag in Frankfurt. Bisher gäbe es keine substantielle öffentliche Diskussion über Ursachen, Konsequenzen und Lehren aus der Wirtschaftskrise. Weite Teile der Eliten in dieser Gesellschaft blieben den Menschen bisher jedenfalls Antworten schuldig. Es müssen Roß und Reiter öffentlich benannt werden, forderte Wetzel. Das erwarten die Menschen und sie erwarten das zurecht.

Im Frankfurter Appell bewertet die IG Metall die Krise nicht allein als Folge von Fehleinschätzungen und Fehlentwicklungen des Marktes oder einer Überhitzung der Finanzmärkte. Sie ist von Grund auf das Ergebnis der Ideologie einer zügellosen Marktwirtschaft. Mehr Rendite, schnellere Rendite, höhere Rendite - das war nicht nur der Schlachtruf der Gierigen in Banken und Börsen. Er wurde schleichend zum überwiegenden Credo des wirtschaftlichen Handelns. An der Verwurzelung dieser Ideologie des Geldes und der Gier hätten nicht nur Banken und Unternehmen mitgewirkt. Die Politik habe sich zu häufig den reinen Marktinteressen untergeordnet und bereitwillig zum Erfüllungsgehilfen der Wirtschaft gemacht. Wissenschaftler hätten die Begründungen dafür geliefert, Medien hätten diese Ideologie unkritisch propagiert, heißt es in dem Appell. Mit dem Appell will die IG Metall eine gesellschaftliche und politische Debatte darüber anstoßen.

Wetzel kündigte zugleich eine Offensive der IG Metall für aktive Beschäftigungs- und Zukunftssicherung in den Betrieben an, um der Forderung Keine Entlassungen in der Krise Nachdruck zu verleihen. Ziel sei es, in möglichst vielen Firmen Vereinbarungen zur Beschäftigungs- und Zukunftssicherung abzuschließen. Es ist in den vergangenen Jahren an der Tagesordnung gewesen, Zugeständnisse von Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften zu verlangen. Jetzt fordern wir von den Arbeitgebern finanzielle Beiträge zur Beschäftigungssicherung und für Investitionen in die Zukunft, betonte Wetzel. Wenn Unternehmen einseitig Fakten schafften und Entlassungen und Verlagerungen vorbereiteten, die Entgelterhöhungen der letzten Tarifrunde nicht übernehmen wollten oder Pforzheimverträge aufkündigten, werde die IG Metall die Auseinandersetzung führen, erklärte Wetzel. Wir werden alle Ansätze zur Verschlechterung von Arbeitsbedingungen und von betriebsbedingten Kündigungen durch die Unternehmen offensiv, beteiligungsorientiert und konfliktorisch bekämpfen.

Der Frankfurter Appell richtet sich an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, mit der Forderung, einen Untersuchungsausschuss Finanzmarktkrise einzurichten, um Ursachen, Verantwortlichkeiten und Folgen der Krise zu untersuchen, zu dokumentieren und notwendige politische Schlussfolgerungen zu ziehen. Von den Vorständen der Banken wird eine öffentliche Entschuldigung für Ihr Handeln verlangt. Sie sollen an der demokratischen Regulierung der Finanzmärkte mitwirken und die Finanzierung der Unternehmen sicherstellen. Die Vorstände der Unternehmen werden aufgefordert, die Lehren aus der gefährlichen Shareholder-Orientierung zu ziehen und ihre Unternehmensstrategien auf langfristige Ziele unter Wahrung nachhaltiger, sozialer und ökologischer Kriterien und auf die Sicherung von Arbeitsplätzen auszurichten. Die Arbeitgeberverbände fordert die IG Metall auf, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, mit der die gescheiterten Konzepte des Neoliberalismus verbreitet wurden, zu beenden. An Journalisten und Publizisten appelliert die IG Metall, ihren Teil der Verantwortung für die Entwicklung der letzten Jahre aufzuarbeiten. Wissenschaftler sollen ihre Unabhängigkeit sicherstellen und einen Verhaltens- und Transparenzkodex entwickeln, um die öffentliche und private Finanzierung der Forschung offenzulegen.

Den vollständigen Wortlaut des Frankfurter Appells und weitere Informationen finden Sie unter: http://www.igmetall.de/cps/rde/xchg/internet/style.xsl/view_presse.htm

Letzte Änderung: 18.03.2009