Kirche und Gewerkschaft
Kirche und Gewerkschaft gemeinsam für menschendienliche Wirtschaft
Menschendienliche Bedingungen im Wirtschaftsleben haben gemeinsam katholische Kirche und Gewerkschaften gefordert. Bei einem Treffen der Diözesen Rottenburg-Stuttgart und Freiburg mit dem DGB-Landesvorstand Baden-Württemberg betonten die Gesprächspartner am Donnerstag in Stuttgart einen Vorrang der menschlichen Arbeit vor dem Kapital. Die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise habe diese Forderung aus der katholischen Soziallehre einmal mehr als richtig bestätigt, sagte Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, auch im Namen des Freiburger Weihbischofs Paul Wehrle.
Die Finanzkrise sei zu weiten Teilen eine Vertrauenskrise gewesen, unterstrich Bischof Fürst. Nun sei ein Reflexionsprozess aller gesellschaftlichen Kräfte darüber nötig, was die Grundlagen menschlichen Arbeitens sind. Dabei habe das Gespräch zwischen Kirche und Gewerkschaften besonderen Wert. Besorgt zeigte sich der Rottenburger Bischof über eine sich immer weiter öffnende Schere zwischen Armut und Reichtum in Deutschland. "Viele Menschen in unserem reichen Land können von ihrer Hände Arbeit trotz Vollzeitanstellung nicht leben", unterstrich der Bischof. Er zollte dem DGB Respekt, der mit seiner erschreckenden Studie "Niedriglohn und Lohndumping im Verleihgewerbe" kompetent die Situation der Leiharbeiter analysiert habe.
Wenn immer mehr Menschen nicht oder nur noch eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, sei der soziale Zusammenhalt in Gefahr, betonte der DGB-Landesvorsitzende Nikolaus Landgraf bei dem Treffen. Der Arbeitsmarkt in Deutschland sei "völlig aus den Fugen geraten", jeder vierte Arbeitsplatz ein Mini- oder Leiharbeitsjob. Es sei ein Anschlag auf die Würde jedes Einzelnen, wenn er trotz Arbeit auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, sagte Landgraf. Deshalb müsse weiterhin für einen gesetzlichen Mindestlohn und den Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gekämpft werden.
Große Sorgen müsse die zunehmende Verarmung breiter Bevölkerungsschichten auch im angeblich so reichen Baden-Württemberg machen, meinte Landgraf. "Besonders erschreckt uns dabei die Situation der Kinder, die immer wieder als unsere Zukunft beschworen werden." Landgraf verwies auf die Caritas-Studie "Arme Kinder und ihre Familien in Baden-Württemberg", nach der zehn Prozent der Kinder in Baden-Württemberg in Armut leben. Vor diesem Hintergrund betonte der DGB-Landesvorsitzende, Gewerkschaften und die katholische Kirche sollten im Dialog gemeinsame Anstöße dazu geben, wie Arbeit menschlich gestaltet werden kann.
Letzte Änderung: 18.02.2011