Studie zur Leiharbeit

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29.10.2011 "Leiharbeit ist schon längst nicht mehr nur ein Instrument, um Auftragsspitzen abzufedern. Vielmehr wird sie genutzt, um systematisch die Kosten zu senken."

DGB will "Trend wuchernder Leiharbeit" umkehren

"Kostensenkung zu Lasten der Arbeitnehmer" - Neue Studie des IMU-Instituts
zeichnet deutliches Bild von den negativen Folgen der Leiharbeit in
Baden-Württemberg
Nikolaus Landgraf: "Wir brauchen eine Neuregulierung der Leiharbeit, die
dieses Krebsgeschwür am Arbeitsmarkt deutlich begrenzt"
Der DGB fordert die Rücknahme der Deregulierungen, die in den letzten Jahren
die Leiharbeit gefördert haben. "Unser Ziel ist eine Trendwende hin zu
weniger Leiharbeit, hin zu ihrer ursprünglichen Funktion zur Abfederung von
Auftragsspitzen und saisonalen Schwankungen", sagte der DGB-Landesvorsitzende
Nikolaus Landgraf heute auf einer DGB-Tagung zur Leiharbeit in Stuttgart. Die
Leiharbeit habe sich von einem Instrument flexiblen Personaleinsatzes zu
einem strategischen Kostensenkungsinstrument der Unternehmen entwickelt.
"Wenn Baden-Württemberg ein Musterland guter Arbeit werden soll, wie es die
Landesregierung anstrebt, dann brauchen wir eine Neuregulierung der
Leiharbeit, die dieses Krebsgeschwür am Arbeitsmarkt deutlich begrenzt."

Auf der DGB-Tagung wurde eine neue Studie zur Leiharbeit in Baden-Württemberg
vorgestellt, die erstmals ein differenziertes Bild der Leiharbeit in
Baden-Württemberg zeichnet. Sie wurde vom IMU-Institut erarbeitet. Danach
sind im Land mehr als 120.000 Beschäftigte als Leiharbeitskräfte tätig.

Der DGB-Landeschef fasste die Ergebnisse der Studie so zusammen: "Leiharbeit
ist schon längst nicht mehr nur ein Instrument, um Auftragsspitzen
abzufedern. Vielmehr wird sie genutzt, um systematisch die Kosten zu senken,
die Stammbelegschaft unter Druck zu setzen und tarifliche Standards zu
unterlaufen. Weniger Lohn, hohe Belastungen, hohes Arbeitsplatzrisiko und
kaum Perspektiven auf eine Festanstellung - das ist die Realität in der
Leiharbeit."

Die IMU-Studie widerlegt die gängigen Behauptungen über die angeblich
positiven Wirkungen der Leiharbeit. Leiharbeit sei weder ein Jobmotor, noch
stelle sie eine Brücke in den Arbeitsmarkt dar. Oft würden reguläre
Arbeitsplätze durch Leiharbeit verdrängt. Und Leiharbeitnehmer verdienen in
Baden-Württemberg im Schnitt die Hälfte von dem, was andere Beschäftigte
verdienen. Das hänge nur zum Teil mit der unterschiedlichen Qualifikations-
und Tätigkeitsstruktur zusammen - auch bei vergleichbaren Tätigkeiten gebe es
"eklatante Verdienstunterschiede", so die Studie. Drei von vier
Leiharbeitnehmern in Baden-Württemberg beziehen ein Einkommen unter der
Niedriglohnschwelle", heißt es in der IMU-Studie. Leiharbeitskräfte sind
deshalb auch siebenmal so häufig auf ergänzende staatliche Unterstützung
angewiesen wie andere sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die
Steuerzahler würden damit Leiharbeitsfirmen und Niedriglöhne im Land mit ca.
65 Mio. Euro pro Jahr subventionieren. Die Vorteile für die Unternehmen

durch Kostensenkung und Umverteilung liegen laut IMU-Studie bundesweit bei
über 6 Mrd. Euro, allein in Baden-Württemberg "im obersten dreistelligen
Millionenbereich".

Betriebsräte aus verschiedenen Branchen berichteten auf der DGB-Tagung über
betriebliche Handlungsmöglichkeiten. Es sollten Betriebsvereinbarungen zur
Regelung von Leiharbeit abgeschlossen werden, insbesondere zu Anlass,
Volumen, Dauer, Einsatzbereichen, Übernahme sowie Auswahlkriterien.

Der DGB fordert im einzelnen:

➢ Equal Pay, also gleiche Bezahlung, ab dem ersten Tag
➢ Equal-Treatment, also volle Gleichbehandlung von Leiharbeitskräften und
Stammbelegschaft
➢ Ein Ende der Privilegierung der Leiharbeit durch die Bundesagentur für
Arbeit. Verleihfirmen dürfen nicht mehr als Premiumkunden behandelt werden
und der Zwang zur Annahme von Leiharbeitsverhältnissen (Zumutbarkeitsbegriff)
gehört abgeschafft.
➢ Die Verstärkung des Kündigungsschutzes durch Wiedereinführung des
sogenannten "Synchronisationsverbots", also der Koppelung der Anstellung bei
einem Zeitarbeitsunternehmen an die Zeiträume des Verleihs der
Leiharbeitskräfte
➢ Eine klare Begrenzung der Überlassungshöchstdauer
➢ Erweiterte Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte im
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und im Betriebsverfassungsgesetz - z.B.
ein wirksames Zustimmungsverweigerungsrecht beim Einsatz von
Leiharbeitskräften.

Anhang: Studie des IMU-Instituts

Anhang:

Studie zur Leiharbeit

Studie zur Leiharbeit

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Letzte Änderung: 26.10.2011