Rede von Ullrich Lochmann

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14.12.2012 Beitrag bei Demonstration zur Erhaltung der Arbeitsplätze bei Nokia Siemens Network Bruchsal am 13. Dezember 2012

Beitrag bei Demonstration zur Erhaltung der Arbeitsplätze bei
Nokia Siemens Network Bruchsal, 13.12.2012 von Ullrich Lochmann

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Petzold-Schick,
lieber Ernst Färber, Kolleginnen und Kollegen vom Betriebsrat,
liebe NSN-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Es ist kalt heute. Ein garstiger Wind ist von München nach Bruchsal geweht. Es kam keine Frohe Engelsbotschaft vom Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen, sondern es kamen aus heiterem Himmel, ohne Vorbereitung‚ Worte, die Angst machen, Absichten, die die Zukunft von 650 Menschen, ihren Familien und Mitbürgern bedrohen.

Unsere Versammlung heute aber zeigt: Wir nehmen das nicht hin. Wir wollen den Jongleuren mit der Abbruchbirne in diesen Tagen Halt gebieten. Ihren Absichten unsere Interessen und unsere Ideen entgegensetzen, jeder auf seine Weise: Betriebsrat und Gewerkschaft mit Verhandlungen und Kampfmaßnahmen. Stadt, Bürgerschaft und Parteien mit politischen Gesprächen und Erklärungen. Und auch die Kirchen mit ihren Möglichkeiten.
Ich darf deshalb zuerst von deren Vertretern ganz herzliche Grüße und Erfolgswünsche überbringen: namentlich vom Ev. Dekan Wolfgang Brjanzew, vom Kath. Dekan Wolfram Stockinger, vom derzeitigen Industriepfarrer Siegfried Strobel, von EAN-Sekretär Siegfried Aulich und Bernhard Renz von der KAB. Sie alle denken fest an uns heute, wenn sie auch aus verschiedensten Gründen z T. nicht hier sein können.
Ich wurde auch um die Ausrichtung solidarischer Grüße muslimischer Kollegen in Karlsruhe gebeten, von Mesut Palanci, dem Vorsitzenden des Dachverbandes muslimischer Vereine.
Die Dekane haben veranlasst, dass an den beiden Adventssonntagen in allen Kirchen der Region Bruchsal für die NSN-Kolleginnen und Kollegen mit folgenden Worten gebetet wird:
"Durch die geplante Standortschließung würden einige hundert Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeit verlieren. Wir sind in Gedanken bei ihnen und bitten Dich Herr: stehe ihnen in ihrer schwierigen Lage bei. Begleite alle Bemühungen um eine Rettung des Standortes mit Deinem Segen."
Es ist so eine Sache mit den Gebeten, das wissen wir alle - manche gehen in Erfüllung, manche nicht. Immer aber können wir beim Gebet Mut schöpfen für unseren guten Kampf, für einen langen Atem, Hoffnung und viel Geist für neue Ideen, für Vertrauen auf eine Macht, die es gut meint mit den Menschen, die Gerechtigkeit und einen anständigen Umgang seiner Geschöpfe miteinander will. Möge dieser Mut alle erfüllen, die sich gegen die Götzen der Mächtigen unserer Zeit stemmen, besonders gegen die berühmte Parole TINA -"There Is No Alternative" . Doch, es gibt Alternativen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von NSN! Ihr kämpft nicht allein. Und ihr kämpft auch nicht allein für Euch. Ihr steht in einer Reihe mit den anderen bedrohten NSN-Kollegen, aber auch mit den Kollegen von Opel, von Thyssen-Krupp, ja mit den Näherinnen in Bangladesch, die für ein Minimum an Schutz und Würde auf die Straße gehen. Von den Unsicherheiten unserer Zeit, vom Auf und Ab der Konjunktur, von den Launen der Märkte, von der Gier der Finanzhaie und Dividendenjäger sind letztlich alle betroffen. Deshalb müssen alle zusammenstehen für ein gerechtes, menschliches, nachhaltiges, verlässliches Wirtschaftsleben.
In der an sich moderaten Süddeutschen Zeitung stand letzte Woche zum Thema Thyssen -Krupp zu lesen:
"Die Finanzkrise mit ihren Pleiten hat dem Ansehen der Marktwirtschaft und
der Manager schweren Schaden zugefügt. Für viele Menschen sind die leitenden Herrschaften vor allem überbezahlte Wichtigtuer, denen das Wohl der anderen egal ist. Dem Vorurteil, dass die kleinen Leute für die Fehler ihrer Chefs mit ihrem Arbeitsplatz bezahlen müssen; die hohen Herren aber selbst bei schlechter Leistung finanziell bestens abgesichert (sind und) weich fallen, (dem) haben viele Unternehmen Vorschub geleistet." (Karl-Heinz Büschemann am 7.12.2012 in der SZ)
Vielleicht kommen einem in Bruchsal ähnliche Worte in den Sinn. Aber Verachtung und Schelte helfen letztlich nicht weiter, sondern eher das, was Eure BR-Vertreter anstreben: Neues Management für NSN, Einsatz der vorhandenen Kompetenzen, neue zukunftsfähige Produkte, ein Klima für Innovationen, Mitbestimmung statt Fehlberatung, ein neuer Anfang für Bruchsal.
Möge dies gelingen. Möge jede und jeder von Euch persönlich über die Krise gut hinwegkommen, auch das Werk, auch die Stadt.
Möge das Weihnachtsgeschehen uns dabei Kraft geben. Auch etwas Freude darf uns niemand nehmen. In diesem Sinne: Gesegnete Weihnacht!

Letzte Änderung: 14.12.2012