Willkür bei Siemens ICN Bruchsal

06.02.2003 Betriebsrat und IG Metall: Unwürdiges Verfahren

Wir kritisieren nicht nur die Tatsache der Entlassungen bei Siemens ICN Bruchsal, sondern auch die Art und Weise, wie diese in den letzten Tagen vollzogen wurden, so der Betriebsrat der Fa. Siemens ICN Bruchsal und die örtliche IG Metall.

Der Betriebsrat hat deshalb allen Kündigungen wegen vorhandenen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten und wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der sozialen Auswahl form- und fristgerecht widersprochen.
Beschäftigte, denen gekündigt werden soll, seien von der Arbeit freigestellt worden.

Als die Arbeitnehmer sich weigerten nach Hause zu gehen, wurden sie in einen gesonderten Raum geführt, sie erhielten keine Arbeitsaufgabe. Dies entspricht auch nicht dem zwischen Werkleitung und Betriebsrat vereinbarten Sozialplan. Ein für die IG Metall bisher einmaliger Vorgang, so der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Bruchsal, Uwe Bordanowicz.

Wie muss sich jemand vorkommen, dem auf diese Art und Weise der Stuhl vor die Tür gestellt wurde? Es mag sein, daß im oberen Management bei erwiesener Unfähigkeit in dieser Art und Weise vorgegangen wird. So aber Arbeitnehmer zu behandeln, die jahrelange Qualitätsarbeit gemacht haben und durch Gesetze und Tarifverträge geschützt sind, widerspricht allen Führungsgrundsätzen, die bisher bei der Siemens AG immer wieder in vielen Verlautbarungen und Stellungnahmen zu hören waren, so Uwe Bordanowicz.

Hilfeanrufe beim Betriebsrat bewirkten, daß dieser die Beschäftigten zu sich holte. Nach zwei Tagen ohne Beschäftigung habe man die Freistellung hinnehmen müssen, da es keinen Zweifel bei der Bezahlung gegeben habe und sonstige Nachteile ausgeschlossen werden konnten.

Die IG Metall lädt ihre betroffenen Mitglieder deshalb zusammen mit dem Betriebsrat in den nächsten Tagen zu einer Protest- und Informationsveranstaltung ein und wird ihren Mitgliedern Rechtsschutz gewähren, wenn diese gegen die Kündigungen klagen wollen.

Die ersten Verfahren sind bereits in Gang gesetzt worden.

Die öffentlich diskutierte Lockerung der Kündigungsregelungen würde der Arbeitgeber-Willkür noch stärker Tür und Tor öffnen. Wenn sich Beschäftigte so behandeln lassen müssen, kann es mit der Sozialverpflichtung der Firmen bereits jetzt nicht weit her sein.

Die bestehenden Kündigungsschutzgesetze schützen letztendlich nicht vor der Kündigung. Auch wenn der Betriebsrat einer Kündigung widerspricht, kann der Arbeitgeber kündigen. Den Arbeitsgerichten obliegt dann die Prüfung, ob eine Kündigung gerechtfertigt ist oder nicht, so der Betriebsratsvorsitzende Ernst Färber. Hier beweist sich, welche Rechte die Arbeitnehmer wirklich besitzen.

Letzte Änderung: 21.11.2007