Betriebsversammlung Siemens Com am 12. Mai 2005

13.05.2005 Auszüge aus dem Bericht des Betriebsrates

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Im Moment ist die Standort Deutschland Debatte, die Franz Müntefering angestoßen hat, in aller Munde und Köpfen.
Wir sind ja alle stark beeindruckt durch die die jüngsten Ereignisse bei uns hier am Standort. Da haben wir ja den Druck des Marktes (so hat man es uns zumindest dargestellt) und die daraus resultierenden Entschlüsse wie Verlagerung und Lohnverzicht am eigenen Leib verspürt.
Als ich letzte Woche im Radio, leider nur auszugsweise, eine Diskussionsrunde mit einem Wirtschaftsexperten, über den geplanten Aufkauf und Zerschlagung von Daimler Chrysler geredet wurde, war es mit meiner Meinungsbildung vorbei.
Aussage: "Wenn man damit Geld verdienen kann, dass der Konzern in Stücken mehr Wert ist als im Ganzen, dann ist das in Ordnung".
Spätestens seit dem Tag bin ich überzeugt, dass die Politiker, zumindest in der Öffentlichkeit, viel zu spät mit dieser Diskussion angefangen haben.
Da wird mit einem Satz über Menschliche Schicksale bestimmt und Vorgehensweisen für gut befunden, dass einem die Worte fehlen.
Es ist ja eigentlich nicht der Satz, sondern die Denkweise, die dahinter steckt.
Wenn ich mir vorstelle dass dieses Gedankengut, und diese Vorgehensweise, bei einigen Managern oder Gruppen vorherrschen, muss man Angst bekommen.
Das schlimme daran ist, dass manche auch die Mittel, und somit auch die Macht dazu haben.
Diese Leute sind so aufs Geldverdienen fixiert, dass sie alle Folgen, die sich aus solchen Machenschaften ergeben, als notwendige Übel akzeptieren.
Was eine Zerschlagung von einem Konzern wie Daimler Chrysler für Folgen auf die dortigen Arbeitsplätze hätte könnt ihr euch ja vorstellen, da bliebe kein Stein mehr auf dem andern.
Ich will hier nicht in Verallgemeinerungen verfallen, mit Sicherheit sind nicht alle Investoren so zu sehen.
Aber Kolleginnen und Kollegen, wir wären ja fast schon selbstmörderisch veranlagt, wenn wir denen, die mit uns Arbeitnehmern so umgehen wollen, auch noch Recht geben oder Verständnis für ihre Vorgehensweise entwickeln.
Wir müssen ganz klar sagen was wir von ihnen und ihrer Vorgehensweise halten.
Geld verdienen heiligt eben nicht alle Mittel!
Ich verstehe aber auch die Politik nicht, sie muss sich fragen lassen, warum sie das Kapital jahrelang so stark hofiert, und mit Zugeständnissen überhäuft hat.
War und ist diese Haltung vielleicht auch mitverantwortlich, dass es zu solch einem Anspruchsdenken, zu solchen Auswüchsen, gekommen ist?
Die Idee es den Investoren so angenehm wie möglich zu machen, damit neue Arbeitsplätze entstehen, hat Handlungsspielräume geschaffen die oft dazu genutzt werden eben diese Arbeitplätze abzubauen.
Diese Diskussion muss aber auch Folgen haben, will man glaubwürdig bleiben.
So kann es zu Beispiel doch nicht sein, dass Firmen, die Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, und hier Menschen auf die Straße setzen, daraus auch noch steuerliche Vorteile ziehen.
Da Gegenteil muss der Fall sein.
Hier ist die Politik gefordert gegenzusteuern und zwar schnell, bevor wir ausgeblutet sind.
Den Unternehmern, die sich durch diese Diskussion diskriminiert fühlen, bleibt es ja unbenommen, sich von einer besseren Seite zu zeigen.
Sie können sich hier im Land, als richtige Arbeitgeber darstellen, Arbeitgeber mit Pflichtbewusstsein, Arbeitgeber mit sozialer Verantwortung ihren Mitarbeitern gegenüber.
Wir brauchen wieder Unternehmer die uns mitreissen die Ideen haben die uns in positiven Sinne fordern, und nicht Verantwortliche die, weil sie sich in Zukunft nicht vorwerfen lassen wollen " warum hast du nicht diese Situation ausgenutzt", alles in Grund und Boden fahren, bis wir nicht mehr hoch kommen können, weil wir nicht mehr die Kraft dazu haben, und andere auf unseren Plätzen sitzen.
Keine Geschäftsidee, kein guter Gedanke bekommt Zeit zum wachsen, alles muss so schnell wie möglich, wenn es geht sofort, Bares in die Kassen spülen.
Gelder die auf Risikobasis verteilt werden, gibt es kaum noch, somit ist das Spielen mit Ideen im Augenblick ein Luxus den sich viele nicht leisten wollen oder können, weil die Banken nicht mitspielen.
In Deutschland gibt es genug Innovationspotential und Leistungsbereitschaft. Man muss Beides nur erkennen und fördern.
Miesmachen und kaputt reden, führt zu Mutlosigkeit, und die können wir uns im Moment überhaupt nicht erlauben.

Letzte Änderung: 21.11.2007