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22.04.2015 Interview mit dem 1. Bevollmächtigten der IG Metall Bruchsal-Bretten Eberhard Schneider zum "Mindestlohn" für das Bruchsaler Stadtmagazin Willi

Interview zum "Mindestlohn" für das Bruchsaler Stadtmagazin Willi

Wie beurteilen Sie die Einführung des Mindestlohns?
Eberhard Schneider 1. Bevollmächtigter der IG Metall Bruchsal-Bretten
Durchweg positiv. Die Gewerkschaften und auch die IG Metall haben seit Jahren den Mindestlohn gefordert. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ist ein Erfolg unserer Öffentlichkeitsarbeit und des politischen Drucks, den wir als Gewerkschaften gemacht haben.
Als IG Metall haben wir zwar in weiten Bereichen Tarifverträge, welche über dem nun gefundenen Niveau des Mindestlohnes liegen aber wir fühlen uns auch den abhängig Beschäftigten verpflichtet, welche in prekärer Beschäftigung keine Tarifverträge erkämpfen können. Hier ist der Mindestlohn ein erster Schritt.
Die Ausnahmeregelungen insbesondere bei Langzeitarbeitslosen und Praktikanten sehen wir allerdings kritisch.

Welche positiven und welche negativen Beispiele der Mindestlohn-Einführung kennen Sie aus Bruchsal?
Schneider: Uns sind bisher keine negativen Beispiele aus den Betrieben bekannt. Das mag aber auch daran liegen, dass es in den Branchen und Betrieben, die wir betreuen, dank unserer Tarifverträge ein solch niedriges Lohnniveau nicht gibt.

Wie beurteilen Sie Forderungen aus Reihen der CSU oder der Freien Demokraten, Änderungen bei den Mindestlohn-Regelungen herbeizuführen bzw. die bürokratischen Vorschriften stark zu vereinfachen (z.B. Dokumentationsrichtlinien).
Schneider: Ich wünschte mir mehr Sachlichkeit in der Debatte. Insbesondere die Dokumentationsrichtlinien werden ja als Beispiel für ein bürokratisches Monster angeführt.
Eine Dokumentationspflicht gab es bisher nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch jetzt schon. Allerdings liegt die Beweispflicht beim Arbeitnehmer. Nun gibt es für alle genaue Spielregeln. Die Beweislast hat jetzt der Arbeitgeber. Probleme gibt es dort, wo der Arbeitgeber unentgeltliche Arbeit erwarten.
Zur Entgeltabrechnung gehört die tägliche Erfassung der Arbeitszeit. In größeren Betrieben gibt es dafür Zeiterfassungssysteme.

Verstehen Sie die genauen Mindestlohn-Regelungen, wie diese z.B. auf der Website des Zolls unter http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/mindestlohn-mindestlohngesetz_node.html aufgeführt sind? Welche Regelungen sollten ggf. ergänzt, geändert oder gestrichen werden?
Schneider: Die Durchführungsbestimmungen sind meines Erachtens genauso schwer oder leicht zu verstehen wie bei der Gewährung von Arbeitslosengeld oder anderer Sozialleistungen.
Man muss manche Passagen schon zwei- oder dreimal lesen bis man den Inhalt versteht, aber eigentlich ja. Es wäre wünschenswert, wenn man Beispiele nennen würde zu den einzelnen Punkten. Zum Beispiel bei Stücklohnmodelle aber auch der Umgang mit, bzw. ob Schichtzulagen, Weihnachtsgeld, Prämien oder ähnliches angerechnet werden können sollte erläutert werden.
Streichen würde ich gerne die Ausnahme beim Mindestlohn für Langzeitarbeitslose oder Jugendliche unter 18 Jahren.

Letzte Änderung: 22.04.2015