Schutz vor Diskriminierung

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17.07.2016 Das Bundesarbeitsgericht hatte kürzlich wieder über einen Fall von Diskriminierung durch einen Arbeitgeber zu entscheiden.

Bundesarbeitsgericht stärkt den Schutz vor Diskriminierung
Das Bundesarbeitsgericht hatte kürzlich wieder über einen Fall von Diskriminierung durch einen Arbeitgeber zu entscheiden. Dabei hat es sich auch zur Höhe eines entsprechenden Schadensersatzes geäußert: Die Sanktion müsse eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleisten, zugleich aber auch verhältnismäßig sein. Mirko Schneidewind von der DGB-Rechtsschutz GmbH zu dem Fall.
Die DGB Rechtsschutz GmbH hat eine transsexuelle Klägerin vertreten, die sich auf eine Stelle als Kommissioniererin bei einem Schmuckvertrieb beworben hatte.
Bewerberin wurde beim Vorstellungsgespräch ignoriert
Nachdem die Klägerin zum vereinbarten Vorstellungstermin erschienen war, wurde sie von dem Logistikleiter der Firma zunächst nicht begrüßt, weil er sie nicht als Frau wahrnahm. Als die Klägerin ihn ansprach und sich vorstellte, erwiderte er ihr gegenüber, er habe mit einer Frau M. gerechnet.

Die Klägerin wies darauf hin, dass sie Frau M. sei und wurde daraufhin von dem Logistikleiter nach einigem Zögern durch den Betrieb geführt. Die anfallenden Arbeiten als Kommissioniererin wurden ihr aber nicht erläutert.
Kurze Zeit später erhielt sie die Mitteilung, dass man sich für eine andere Bewerberin entschieden habe.

Diskriminierungsschutz auch für Transsexuelle
Die Klägerin als Transsexuelle hat sich daraufhin auf den Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen und Schadensersatz eingeklagt.
Nachdem die Klage in zwei Instanzen abgewiesen worden war, hat die Klägerin, vertreten durch den DGB Rechtsschutz, Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Dort wurde das Urteil des Landesarbeitsgerichtes aufgehoben und das Verfahren zurück verwiesen.
Zunächst wird in dem Urteil klargestellt, dass selbstverständlich auch die Transsexualität durch das AGG vor Diskriminierung geschützt wird. Dabei kann es sich sowohl um eine Benachteiligung wegen des Geschlechts als auch wegen der sexuellen Identität handeln.
Bundesarbeitsgericht nimmt das AGG ernst
In der Entscheidung haben die Richter*innen insbesondere zur Darlegungslast bei Diskriminierungsklagen grundlegende Feststellungen getroffen. Danach muss zwar zwischen dem im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannten Grund und der benachteiligenden Behandlung ein Zusammenhang bestehen.
Der betreffende Grund muss aber keineswegs das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln sein. Es reicht aus, wenn der Grund lediglich mitursächlich für die Benachteiligung ist.
Daraus folgt, dass es für eine betroffene Person zunächst einmal ausreicht, dass sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung (unter anderem) wegen eines im Gesetz genannten Grundes erfolgt ist.
Benachteiligung wird vermutet
Besteht demnach eine entsprechende Vermutung einer Benachteiligung, kommt es zu einer Beweislastumkehr: Es trägt dann die andere Seite die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt wurde. Der Arbeitgeber muss hierzu ausreichende Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass ausschließlich andere als die im Gesetz genannten Gründe zu der Benachteiligung geführt haben.

Auf dieser Grundlage hat das Bundesarbeitsgericht das Verfahren wieder an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Denn die Klägerin musste entgegen der Ansicht der Landesarbeitsrichter*innen lediglich Indizien vorbringen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, sie sei von dem Mitarbeiter der beklagten Firma als transsexueller Mensch wahrgenommen und deshalb benachteiligt worden.

Diese Indizien lagen durch das - weitgehend unstreitige - Verhalten des Arbeitgebers vor. Nach der dargestellten Beweislastverteilung wäre es jetzt Sache des Arbeitgebers gewesen vorzutragen und nachzuweisen, dass ausschließlich andere Gründe für die Ablehnung der Klägerin ausschlaggebend waren.
Was ist beim Anspruch auf Schadensersatz nach dem AGG zu beachten?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz soll Benachteiligungen im Arbeitsleben wegen bestimmter Eigenschaften oder Zugehörigkeiten verhindern und beseitigen. Dabei geht es um Benachteiligungen wegen:

der Rasse
der ethnischen Herkunft
des Geschlechts
der Religion
der Weltanschauung
des Alters oder
der sexuellen Identität.

Das Gesetz verbietet jede unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen eines dieser Kriterien, sowohl in einem bestehenden Arbeitsverhältnis als auch bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses.
Die wichtigste Sanktion bei einem entsprechenden Verstoß ist ein spezieller gesetzlicher Schadensersatzanspruch, dessen Höhe jedoch im Gesetz nicht festgelegt ist.
Bei einer Benachteiligung im Bewerbungsverfahren kann ein solcher Schadensersatz auch dann geltend gemacht werden, wenn der oder die Beschäftigte auch ohne die Benachteiligung aus anderen Gründen nicht eingestellt worden wäre.

Achtung: Fristen!
Wer einen Anspruch auf Entschädigung wegen einer Diskriminierung geltend machen will, muss zwingend die gesetzlichen Fristen einhalten.
Der Schadensersatz muss innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis von der Benachteiligung bzw. nach der Ablehnung einer Bewerbung schriftlich geltend gemacht werden.
Bleibt die Geltendmachung erfolglos, muss der Anspruch spätestens innerhalb von drei Monaten nach der Geltendmachung beim Arbeitsgericht eingeklagt werden. Wer die Frist versäumt, verliert den Anspruch!

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.12.2015, 8 AZR 421/14

Letzte Änderung: 17.06.2016