Gesundheitsschutz

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28.02.2020 Coronavirus - Was tun im Betrieb?

Interview mit Dr. Wolfgang Däubler, Professor für Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht, Bürgerliches und Wirtschaftsrecht an der Universität Bremen. Er ist einer der bekanntesten Arbeitsrechtler.

Das Coronavirus ist in Deutschland angekommen. Die Hoffnung, dass eine Epidemie an Deutschland vorbeigehe, werde sich nicht erfüllen, so Gesundheitsminister Jens Spahn. Die Bundesregierung bildet einen Krisenstab. Was müssen Arbeitgeber tun, um ihre Beschäftigten zu schützen? Wie sollen sich Interessenvertretungen verhalten? Wir haben den Experten, Prof. Dr. Wolfgang Däubler dazu befragt.

Welche Schutzmaßnahmen sollten Arbeitgeber ergreifen, um einer Ansteckung in Betrieben vorzubeugen?

Zunächst einmal geht das Leben im Betrieb und außerhalb des Betriebes wie gewohnt weiter; Angst ist kein guter Ratgeber. Der Coronavirus ist durchaus mit einem normalen Grippe-Virus vergleichbar - nur scheint man sich leichter anstecken zu können, und es fehlt an Medikamenten gegen den neuartigen Erreger. Man geht also das Risiko ein, sich eine Art Grippe einzufangen, bei der nur die Symptome wie z. B. hohes Fieber behandelt werden können. Davor sollte man sich generell schützen, indem man beispielsweise häufiger als sonst die Hände wäscht und übergroße körperliche Anstrengungen meidet. Auch Desinfektionsmittel sollten verfügbar sein.

Was können Interessenvertretungen für den Gesundheitsschutz tun?

Sie können die Beschäftigten zu einem vorsichtigen Verhalten auffordern und außerdem den Arbeitgeber fragen, ob für den Fall vorgesorgt ist, dass man plötzlich zu einem "isolierten" Bereich gehört. Auch kann man bei Läden, Bankfilialen und anderen Einrichtungen mit Publikumsverkehr verlangen, dass "dicht gemacht wird", wenn in der Nähe ein Fall mit Coronavirus aufgetaucht ist. Das schließt nicht aus, dass man weiterhin solche Arbeiten erledigt, die keinen unmittelbaren Kundenkontakt erfordern.

Wie sieht es mit Dienstreisen aus? Sollte es hier einen Reisestopp in bestimmte Gebiete geben? Können Arbeitnehmer bestimmte Reisen verweigern?

Dienstreisen können im Grundsatz stattfinden. In Europa sowieso, nach China nur, wenn sie unbedingt notwendig sind. Die Lufthansa hat bis Ende März alle Flüge nach Peking eingestellt - auch sie rechnet also damit, dass es insoweit kaum mehr Passagiere geben würde. Soll man in ein Gebiet fahren, das wie bestimmte italienische Städte abgesperrt ist, hat die Dienstreise keinen Sinn mehr. Man könnte "nein" sagen. Auf der anderen Seite wäre es zumutbar, in eine chinesische Provinz zu fliegen, wo es überhaupt keine Corona-Fälle gibt.

Können besorgte Arbeitnehmer von zu Hause aus arbeiten?

Soweit es den betrieblichen Gepflogenheiten entspricht, auch von zu Hause aus arbeiten zu dürfen, sollten vorsichtige Menschen davon Gebrauch machen. Wo eine solche Möglichkeit bisher nicht besteht, kann man dennoch zu Hause arbeiten, wenn in derselben Stadt oder im selben Landkreis Infektionsfälle aufgetreten sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeit zu 80 % oder gar zu 100 % von zu Hause aus erledigt werden kann und Besprechungen per Telefon oder Videokonferenz möglich sind. Auch gibt es Aufgaben, die warten können, bis sich das Gewitter verzogen hat.

In bestimmten Gebieten in Italien sind Betriebe bereits geschlossen worden, um eine weitere Verbreitung des Coronavirus zu verhindern. Wenn es auch in Deutschland dazu kommen sollte: Wie ist die rechtliche Situation für Arbeitnehmer? Muss der Arbeitgeber wegen Annahmeverzugs den Lohn weiterzahlen?

Ja, hier würden die Grundsätze über das Betriebsrisiko eingreifen. Nicht anders, als wenn der Strom ausfällt oder Rohmaterialien nicht geliefert werden. Das Entgelt ist weiter geschuldet.

Kann bei Auftragsengpässen, die durch die Ausbreitung des Coronavirus verursacht werden, Kurzarbeitergeld beantragt werden? Was bedeutet das für die Betroffenen?

Ja, das wäre ein typischer Fall von "vorübergehendem Arbeitsmangel". Arbeitgeber und Betriebsrat können bei der Bundesagentur für Arbeit aktiv werden und Kurzarbeitergeld beantragen. Sobald es bewilligt ist, endet die Zahlungspflicht des Arbeitgebers nach der Lehre vom Betriebsrisiko.

Quelle: Bundverlag

Anhang:

Coronavirus und Arbeitsrecht

Coronavirus und Arbeitsrecht

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Letzte Änderung: 09.03.2020